Der Steiger im Bergbau – und was der Steigerturm damit zu tun hat

Anders als von manchen Berghofern angenommen, ist der Begriff „Steiger“ keineswegs auf den Bergbau beschränkt, sondern nimmt in der Geschichte der Feuerwehr einen festen Platz ein.

Seit Mitte des 19. Jahrhunderts setzten Feuerwehren so genannte „Steiger“ – allesamt Turner – mit neuartigen Hakenleitern ein (hier auf dem Foto der Berghofer Wehr am Steigerturm in den 1920er Jahren gut zu erkennen), die die Dächer der umliegenden Gebäude erstiegen, um den Brand abzuriegeln und von den Dächern aus zu bekämpfen. Die Brandbekämpfung hatte sich durch den Einsatz der Steiger aus ihrer Beschränkung auf die Verteidigung gelöst und hatte die Angriffsfähigkeit gewonnen. „Das Löschwesen ist Turnwesen“, hatte Carl Metz – der Gründer der Maschinenfabrik Carl Metz in Heidelberg zur Herstellung von Feuerlösch- und Rettungsgeräten und Pumpsystemen – in seiner Flugschrift vom Juni 1848 festgestellt. Das galt auch bei sämtlichen neu gegründeten Berufsfeuerwehren, die Turnlehrer beschäftigten.

In der Dissertation „Die freiwilligen Feuerwehren in der Rheinprovinz bis 1918“ S. 177, der Veröffentlichung „Geschichte des Feuerschutzes in Rheinland und Westfalen“ (S. 95 mit dem hier abgebildeten Zitat), der Zeitschrift „Der Feuerwehrmann“ von 1907 (S. 8 mit den hier abgebildeten Anzeigen) sowie der Zeitschrift „Feuer und Wasser in Stadt und Land“ von 1907 (S. 6) finden sich dafür zahlreiche Belege.

Im Festbuch der Freiwilligen Feuerwehr Berghofen zum 90-jährigen Bestehen der Wehr 1983 wird das älteste überlieferte Protokoll vom 18.12.1921 zitiert: „Wehrführer und 1. Vorsitzender: Brandmeister Wilhelm Küster … 1. Steigerführer: L. Mohr, 2. Steigerführer: Karl Trappmann.“ Heutzutage kommt der „Angriffstrupp“ den Steigern am nächsten.

Und was hat der „Steiger“ im Kohle-Bergbau mit den Feuerwehrleuten zu tun? Die Funktion des „Steigers“ entstand ursprünglich im viel älteren Erz-Bergbau. Erzlagerstätten stehen auf Grund ihrer Entstehung häufig steil im Gebirge. Daher waren die Arbeitsplätze der Bergleute – dort, wo das Mineral abgebaut wurde – übereinander angeordnet. Um ihrer Aufsichtspflicht zu genügen, erreichten die Steiger die einzelnen Abbauorte über „Fahrten“ – so nennt der Bergmann die Leitern. Es waren also ähnliche „Kletter“-Fähigkeiten gefordert wie bei den Feuerwehrleuten mit ihren Hakenleitern. Später wurde der „Steiger“ zu einer Führungskraft/Aufsichtsperson im Bergbau.

Burkhard Treude

Ein herzlicher Dank für Hinweise zu dieser Thematik an Ralf Hellmann (Brandinspektor Löschzug 13 FFW Berghofen), Michael Thissen (Feuerwehr-Historiker) und Dr. Volker Schacke (Bergbau-Ingenieur und -Historiker)

2 Kommentare Schreibe einen Kommentar

    • Ich habe das auch erst vor kurzem gelernt. Habe früher immer geglaubt, es müsse eigentlich „Steigeturm“ heißen, was natürlich von der Funktion des Turms her auch möglich wäre (und an manchen Stellen auch geschieht). In Süddeutschland findet sich häufiger auch die Bezeichnung „Schlauchturm“, was auf die zweite Funktion des Turms, mämlich das Trocknen der Schläuche, hinweist.

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